Marquardt`s Flintseite
Knap like an Egyptian?

(Mit freundlicher Genehmigung von Alan Fildes : http://bskinner.net )

Dieser Ausschnitt einer Wandmalerei stammt aus dem ca. 4000 Jahre alten Grab des Gaufürsten  Bakt  in Beni Hasan auf der Ostseite des Nils. Die Hieroglyphen darüber lassen sich mit "Feuerstein (oder auch Messer) schlagen", bzw.  "Flintbearbeitung" übersetzen. Zu dieser Zeit wurden in Ägypten immer noch asymmetrische, annähernd halbmondförmige bifaziale Messer von z.T. erheblicher Größe benutzt, deren große und unregelmäßige Abschlagnegative auf die direkte Schlagtechnik als eine wesentliche Herstellungstechnik hindeuten.

In der entsprechenden älteren Fachliteratur wurde bislang lange davon ausgegangen, dass hier Drucktechnik dargestellt ist. In den achtziger Jahren konnte der abgebildete technische Vorgang von Spezialisten entweder nicht sicher gedeutet werden, oder  es wurde gar von flinttechnisch versierten Archäologen vermutet, dass die unterschiedlichen Künstler, die dieses Bild und sehr ähnliche aus dem benachbarten Felsengrab des Amenemhet  schufen, selbst keine rechte Vorstellung vom tatsächlichen Bearbeitungsvorgang hatten. Kurz, man ging davon aus, dass die Darstellungen mit der damaligen technischen Realität der Hornsteinbearbeitung nicht viel gemein haben und lediglich allgemeine Bedeutungsträger sind.

Diese Sichtweise geht meiner Ansicht nach darauf zurück, dass die "direkt weiche Schlagtechnik" mit Holz-, Geweih- und Kupferabschlägern, die heutzutage unter Freizeit-Flintknappern und Experimental-Archäologen weit verbreitet ist, vollständig  in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts von wenigen "Trendsettern" neu "erfunden" worden ist, die alle die gleiche Handhaltung nutzten. Hier werden die kurzen Geweihabschläger stets so umfasst, das die Daumen beim Schlagvorgang zum Werkstück gerichtet sind. Neben dem Unterarm vollführt dabei auch das Handgelenk meist eine Drehbewegung. Unzweifelhaft mit der Schlagtechnik zu verbindende Geweihartefakte aus dem Jungpaläolithikum und Neolithikum Europas legen eine solche Handhabung nahe. Mit den ägyptischen Grabmalereien aus Beni Hasan hat diese Art des "weichen Schlages" in der Tat wenig gemein. Die mehr als unterarmlangen, geraden und vertikal gehaltenen Stäbe aus den ägyptischen Wandbildern sehen völlig anders aus.

Meines Wissens sind mit Ausnahme einfachster Schlagsteine bislang keine Werkzeuge zur Hornsteinbearbeitung aus Ägypten bekannt geworden. 


Detail aus dem Grab des Amenemhet (aus: Griffith, F.L. 1896: Beni Hasan Part III, Tafel VIII)

Ich empfand den Ansatz, den zeitgenössischen Bildern einen höheren Realitätsgehalt zuzubilligen, interessant und habe "Schlagstäbe" nach dem Vorbild der Malereien angefertigt. Die auf einigen Wandbildern sichtbaren abgesetzten roten Spitzen habe ich aus Kupfer angefertigt.

 

 Ich bin inzwischen nach etwas Übung der Überzeugung, dass auf diese Weise bifaziale Messer ähnlich den ägyptischen hergestellt werden können. Allerdings ist es nach jahrzehntelang anders eingeübter "physischer Erinnerung" und ausschließlicher Nutzung von Geweihabschlägern nicht einfach, diese "neue" Art sofort in gleicher Qualität auszuführen.

(aus Griffith 1896: Beni Hasan Part III, Tafel VIII)

Direkt neben den Handwerkern, die offensichtlich den Hornstein mit den stabartigen Werkzeugen bearbeiten, sind auch solche dargestellt, die die Bearbeitungswerkzeuge leicht angewinkelt auf einem rechteckigen auf dem Boden liegenden Block festhalten oder bewegen, während die Werkstücke darüber in der linken Hand ruhen. Meiner Ansicht nach ist hier das Nachschleifen der Bearbeitungswerkzeuge in Form des Heranziehens bei gleichzeitigem Druck auf den Schleifstein zu sehen. Egal ob die rötliche Spitze der Stäbe aus Kupfer, Hartholz oder anderem Material besteht, bei der Bearbeitung von Flint oder Hornstein weisen die Kontaktzonen der Werkzeuge nach einiger Zeit zahlreiche kleine Dellen und Unregelmäßigkeiten auf, die zunehmend das kontrollierte Abtrennen von Abschlägen und Absplissen erschweren. Das Nachschleifen der Werkzeuge ist eine untrennbar mit der direkt oder indirekt weichen Schlagtechnik und auch mit der Drucktechnik verbundene Tätigkeit.

Wenn, wie z.B. auf den Produktionsplätzen von Feuersteinbeilen in Dithmarschen "...größere abgeflachte Felsgesteine ... regelhaft am Rande der Artefaktkonzentrationen ...angetroffen ..." werden (Clausen, I.  1994: Hemmingstedt, Kr. Dithmarschen. in Offa Bd. 51, S. 223), so sind diese meiner Ansicht nach nicht etwa mit dem Einklemmen der Rohstücke, sondern mit dem Schleifen der Bearbeitungswerkzeuge in Verbindung zu bringen.

Zwei kurze Videos, leider ohne Ton:

http://www.youtube.com/watch?v=tXinKpn9V1s

http://www.youtube.com/watch?v=qEfaUmzIjY4x

Experimentelle Archäologie kann die Vergangenheit nicht "beweisen". Es läßt sich, streng genommen, immer nur beweisen, wie es nicht gewesen sein könnte. Tja, ...

Lund, M. 2008: Egyptian Flint Work Pt. I. Chipping Butcher Knives in ancient Egypt. In: Chips Vol. 20, No. 3. S. 4 -13.

ML

November 2009

UPDATE 2013:

Auf dieser Seite (herunterscrollen) findet sich ein link zu einem längeren video aus dem Jahr 2010:
Swansea






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